Erfolgreiche Einbürgerung nach sechs intensiven Jahren!
Annegret und Bernd Stöcker (außen), Ramia und Basel Al Shoueb (Mitte) mit zwei ihrer SöhneAnnegret Stöcker
31.08.2016: In der WhatsApp-Gruppe "Cafe Angekommen", die Hilfe in Dortmund-Lanstrop für Flüchtlinge organisiert, ploppt eine neue Nachricht auf.
Eine syrische Familie, die aus Lanstrop nach Kurl zieht, braucht Hilfe. "Durch einen dummen Zufall wurde ich der Gruppe hinzugefügt. Wahrscheinlich, weil ich bei der CKD tätig bin", lacht Annegret Stöcker. "Ich habe mit meinem Mann darüber gesprochen und er hat noch abends die Familie kontaktiert und seine Hilfe angeboten. Ich sagte noch zu ihm: "Du kannst doch jetzt um 19.30 Uhr keinen Besuch mehr machen." Doch die Familie war total nett, bot Abendessen an und es entstand ein gutes Gespräch." Es war der Beginn einer starken freundschaftlichen Beziehung.
Die Familie hat zu dem Zeitpunkt drei Kinder (6,9 und 11 Jahre), das Älteste ist ein Mädchen, die anderen beiden Jungs. Die Wohnung ist leer, sie können noch nicht arbeiten und sprechen wenig Deutsch.
Das Ehepaar Stöcker unterstützt die Familie zusammen mit anderen Ehrenamtlichen aus der Caritas-Konferenz und Gemeinde mit Möbeln, begleitet bei Behördengängen und ist oft erste Ansprechperson bei sämtlichen Fragen. "Wir haben immer versucht, so gut es ging zu helfen und sie haben eigentlich auch immer das gemacht, was wir ihnen geraten haben.
Aber manchmal wusste auch ich nicht weiter. Da kam Basel eines Tages und fragte mich nach grammatikalischen Erklärungen, die ich selbst aus meiner Schulzeit nicht mehr wusste.", berichtet Annegret Stöcker. Basel war ein eifrig Lernender, der die deutsche Sprache perfekt sprechen wollte.
Unterstützend durch die Caritas-Konferenz bekam die Familie ein kleines Darlehen zur Anschaffung einer Kühl/Gefrierkombination, was sie pünktlich und schnellstmöglich zurückzahlten. "Das war ihnen besonders wichtig. Jeden Ersten im Monat standen sie zuverlässig vor der Tür, um ihre Rate abzuzahlen. So war es auch keine Almosen, die sie erhielten, sondern konnten besonders stolz sein, als sie die letzte Rate bezahlten."
stolz präsentiert die Familie AL Shoueb ihre UrkundeAnnegret Stöcker
Der Vater Basel Al Shoueb ist gelernter Apotheker und sucht sich zunächst über Ebay Sprachpartner, um noch besser Deutsch zu lernen und knüpft dadurch einige Kontakte. Später besucht die gesamte Familie einige Sprachkurse. Parallel findet der Syrer auf Eigeninitiative einen Praktikumsplatz in einer Dortmunder Apotheke, um ein Gespür für die deutsche Version seiner Profession zu bekommen. Er überzeugt dort. Anschließend arbeitet er für geringfügiges Entgelt als Hospitant, 2018 erhält er nach zusätzlichen Übungsstunden den deutschen Führerschein. Gleichzeitig wird ihm eine Anstellung als Apotheker unter Aufsicht angeboten. Die Familie ist glücklich.
Im Oktober 2020 bekommt Basel die deutsche Approbation. Seit Anfang 2021 arbeitet er jetzt als fest angestellter approbierter Apotheker in Dortmund.
Seine Frau Ramia ist gelernte Juristin. Ihr Wissen um das syrische Rechtssystem ist hier nicht viel wert und so entscheidet sie sich, die Familie zuhause zu unterstützen, da sich inzwischen auch noch ein kleiner Sohn namens Amir eingefunden hat.
Die Tochter besucht erfolgreich das Gymnasium, die Söhne machen auf der örtlichen Gesamtschule einen guten Eindruck und der Jüngste besucht hier am Ort den Kindergarten.
Doch vor allem der Anfang dieser Mustergeschichte ist äußerst schwer. Die Familie flieht aus Syrien, um 10 Wochen später endlich nach Deutschland zu kommen.
In einem 6,5m langen Schlauchboot für 1300 €/Person (egal ob Kind oder Erwachsener) geht es 1,5h über die Ägäis. Über Mazedonien, Serbien, Ungarn und Österreich gelangt die Familie nach Hamburg, wo sie zum ersten Mal seit Syrien sich duschen und sich neu einkleiden kann. Über das deutsche Verteilungssystem landen sie letztlich in Dortmund.
"Es muss eine extrem schwierige Zeit für die Familie gewesen sein.", resümiert Annegret Stöcker. "Sie waren mit weiteren Verwandten unterwegs, die jetzt woanders in Deutschland oder Nordwest-Europa leben. Ein jüngerer Bruder von Basel kam als Jugendlicher ebenfalls zu uns und lebte in einer Wohngruppe im ehemaligen Pfarrhaus unserer Gemeinde, was sehr nah zu seiner Familie lag." Er machte seinen Schulabschluss und ist derzeit im handwerklichen Bereich tätig.
Am 22. Juli ist nun der Tag der Einbürgerung. "Sie wussten nicht, dass wir kommen. Wir hatten Blumen für die Eltern und kleine Geschenke für die Kinder dabei. Als sie uns dann sahen, hatten wir alle Tränen in den Augen. Basel fragte gleich im Einbürgerungsamt, ob wir mit anwesend sein dürfen. Zum ersten Teil durften wir nicht, aber dann zur Urkundenübergabe.", erzählt die Ehrenamtliche gerührt. "Als kleines Dankeschön gab es am übernächsten Tag eine Einladung von unseren syrischen Freunden zu einem Abendessen. Die syrische Küche ist ja an sich schon sehr lecker, aber Ramia ist eine fantastische Köchin, das ist einfach nur lecker!" So konnte eine ehemals fremde Familie mit sehr viel Eigeninitiative und Unterstützung ihre Mitmenschen und Gesellschaft vor Ort sehr bereichern.