6 Jahre Kleiderzirkel Porta Westfalica – nachhaltig und solidarisch
Samstag, 15 Uhr. Es hat sich eine kleine Menschenmenge vor dem Gemeindezentrum in Porta Westfalica angesammelt und wartet, dass sich die Türen öffnen. Als sie endlich aufgehen, kommt die Hauptinitiatorin und tritt auf ein kleines Podest. "Ich möchte Sie heute zu unserem zehnten Kleiderkreisel herzlich willkommen heißen.", begrüßt die CKD-Ehrenamtliche Theresia Mertens-Kütemeier. Neben ihr steht eine Frau, die ins Ukrainische übersetzt. "Ich heiße Sie alle willkommen, ob Sie aus der Ukraine, von Porta Westfalica oder woanders herkommen. Wir möchten hier dafür sorgen, dass gute Kleidung weiter genutzt wird, sie als wertvoll anerkannt wird und wir nachhaltig mit Gottes Schöpfung umgehen."
Für eine Spende von mindestens einem Euro pro Stück können sich die überwiegend weiblichen Gäste neu einkleiden. Vom Kinder- bis ins hohe Seniorenalter sind alle vertreten und es ist für alle etwas dabei. Neben dem professionell hergerichteten Raum für Kleidung warten ein Stockwerk höher Kaffee, verschiedenes Gebäck und eine Malecke für Kinder.
Doch zunächst zurück in den mittlerweile sehr vollen "Kleiderladen für einen Nachmittag". "Wir sind seit Donnerstag am Vorbereiten. Wir haben mit ca. 15 Helfer*innen Kleidung von Privatpersonen und Läden angenommen und eingesammelt, die Räume umgebaut und hergerichtet, Essen und Getränke organisiert etc. Es ist viel Arbeit, aber es freut uns zu sehen, wie gut es angenommen wird und was für eine angenehme Atmosphäre herrscht. Und wir sind ein tolles Team, da macht das auch Spaß", erzählt Barbara Lafferthon, Vorsitzende der örtlichen CKD St. Walburga, stolz. Theresia Mertens-Kütemeier ergänzt: "Schon vor 10 Jahren hat meine Tochter aus Köln von der Idee des Kleiderzirkels erzählt. Man trifft sich und bringt Kleidung mit, die noch gut ist, die aber den Kleiderschrank zu selten verlässt und anderen gefallen könnte. Da dachte ich, dass wir das hier doch auch gut umsetzen können."
Von Mal zu Mal wuchsen die Treffen. Im Frühjahr kamen zu der normalen Gästezahl nochmal ca. 80 Ukrainer*innen. "Die Menge war schon ein kleiner Schock für uns, aber letztlich ist es ja super, dass mittlerweile so viele unser Angebot wahrnehmen", meint Barbara Lafferthon. Der Kleiderzirkel hat sich mittlerweile in den Jahreszyklus der Menschen in Porta Westfalica und Umgebung fest integriert. Sie schätzen neben den guten und preiswerten Kleidungsstücken vor allem das Zwischenmenschliche: "Es ist einfach schön hier miteinander ins Gespräch zu kommen.", erzählt eine Frau. "Ich bin vor einigen Jahren aus der Ukraine hergekommen und helfe jetzt meinen Landsleuten, wo ich kann. Da ist das hier einfach ein tolles Angebot. Es fällt sehr leicht, sich hier wohlzufühlen." "Ach, das ist klasse, was die Frauen hier auf die Beine gestellt haben", ergänzt einer der wenigen ehrenamtlichen Männer, Herr Lafferthon, als er selbstgebackene Waffeln nach ukrainischem Rezept ausgibt. "Es ist einfach wichtig, was wir hier machen", stellt die Ergotherapeutin Laura Willinger fest. Anke Jessen, Kunsttherapeutin, fügt hinzu: "Hier können gerade die Menschen aus der Ukraine sich etwas geborgen fühlen und auch so die Geschehnisse in ihrer Heimat etwas verarbeiten." Beide betreuen den Maltisch. Panzer und Kriegsgerät sind das häufigste Motiv der Kinder, gefolgt von Herzen und Regenbögen.
Ein kleiner Blick in die Kirche und in den Pfarrgarten, der sich steil an einen kleinen Berg anschmiegt, verrät, dass die Gemeinde trotz ihre Diaspora-Situation sehr aktiv ist: ein selbst gemachter Kreuzweg mit Beiträgen aus Ruanda, eine Bühne mit Blick auf das Tal oder ein offener bestuhlter Kirchenraum, aber kein Kirchturm zeigen die Besonderheit der Gemeinde auf. Ein kleines Highlight ist der SolidarTisch: ein kleines Tischlein lädt ein, wertvolle Dinge, die nicht mehr gebraucht werden, abzulegen bzw. mitzunehmen - ähnlich wie ein Bücherschrank. Einfach und wirkungsvoll.
Die Nachhaltigkeit hört mit dem Ende der Veranstaltung nicht auf. Gute Kleidung wird an Kleiderläden in der Umgebung abgegeben. Eine Ukrainerin sammelt v.a. Bettwäsche. Diese kann sie in Streifen schneiden und damit Decken für die Soldaten erstellen. So ist auch auf diesem Weg der Kleiderzirkel eine Antwort auf die verschiedenen aktuellen Krisen.